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Chinesisches Erbe

I. Einführung

"Kara - te" wörtlich aus dem Japanischen "leere Hand" oder auch "leere Kampfkunst/-technik" ist keine bloße Sportart, die in bestimmter, immer gleicher Art und Weise ausgeübt wird.

Eine solche ist es auch nie gewesen.

Vielmehr stellt "Kara - te" gleichsam einen Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Ausübungsformen bestimmter, sowohl auf praktische verwertbare Verteidigungsfähigkeit, als auch auf Gesundheitsförderung ausgerichteter Bewegungen oder Bewegungsmuster sogenannter „Stilrichtungen“ oder „Schulen“  dar, die wiederum in sich mehr oder weniger stark "sportlich" oder (sogenannt) „traditionell" orientiert sind.
Als solche ist sie relativ „junge" Kampfkunst, die erst um die Wende des 19. zum 20. Jh. entstand.Ihre Wurzeln findet sie zum einen in älteren, auf den Ryu-kyu-Inseln, vornehmlich der Insel Okinawa ausgeübten Kampfkünsten sowie deren Synergien untereinander, zum anderen leitet sie sich von deren chinesischen Vorläufern ab. Teilweise sind auch Einflüsse von auf den japanischen Hauptinseln selbst beheimateten Kampfkünsten zumindest zu vermuten.

Somit ist der größte Teil dessen, das später als okinawaische oder japanische Kampfkünste und auch als „Karate" bekannt werden sollte, mit chinesischem Einflüssen nicht nur eng verbunden, sondern ohne diese schlichtweg undenkbar. Denn die chinesischen Kampfkünste waren letztlich die wesentliche Grundlage der Selbstverteidigungspraktiken Okinawas und Japans; ihr Erbe war es, welches okinawanische und japanische Kampfkünste letztlich anzutreten und weiterzuentwickeln suchten.

Im Folgenden soll versucht werden, diese chinesischen Wurzeln näher zu beleuchten und dadurch die Möglichkeit zu eröffnen, Parallelen und Unterschiede feststellen oder auch  etwa über den Weg „zurück" zu den Wurzeln  Erweiterungsmöglichkeiten hinsichtlich der eigenen Kampfkünste, des eigenen Weges zu eröffnen.
Aufgrund des Umfanges der diesbezüglichen Materie verstehen sich die nachfolgenden Darstellungen nur als ein kursorischer, zusammenfassender Überblick oder Einführung ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit.

II. Die chinesischen Kampfkünste im Allgemeinen - Wurzel und Entwicklung

Der Ursprung oder die entscheidende Strukturierung der chinesischen Kampfkünste  man könnte insofern auch von einer Art „Initialzündung" sprechen - wird heute im Wesentlichen dem Mönch Bodhidharma - chinesisch auch Ta-Mo oder Damo / japanisch Durma genannt - zugeschrieben:

Eigentlich indischer, buddhistischer Mönch - und angeblich auch ehemaliger Soldat oder Krieger - zog er im 6. Jh. von Indien gen China und suchte dort als einer der damaligen Hauptrepräsentanten seiner buddhistischen Weltanschauung diese mit Erfolg weiter zu verbreiten. Um die zwanziger/dreißiger Jahre des 6. Jh. soll er sich in das Shaolin-Kloster zurückgezogen haben und dort  grob gesagt - zu der Auffassung gelangt sei, dass man nicht nur oder nicht zwangsläufig nur  wie die bis dato vornehmlich verbreitete, buddhistische „Lehraufassung" meinte - durch Verrichten guter Werke zum eigenen Heil bzw. zur Erlösung gelangen könne oder würde.

Vielmehr sei dieses auch durch eine Art Versenkung oder Meditation in sich selbst möglich  sowohl durch Meditation an sich oder auch eine solche in Gestalt harter , körperlicher Arbeit - , wenn man auf diesem Wege sich selbst, mithin das eigene „Ich" bzw. seinen eigenen Geist fände und aus dieser Haltung heraus schließlich mit sich und seinen Mitmenschen im Einklang lebe, mit ihnen eine solche Geisteshaltung teile bzw. in einer solchen zu handeln suche.

Die Meditation  zum Teil still, zum Teil unterstützt von monotonen Gesängen oder Bewegungen oder auch in Form von schlichter Arbeit durchgeführt - dient dabei vordringlich nicht dazu, über irgendetwas nachzusinnen oder „krampfhaft" den eigenen Geist/das eigene Ich gleichsam „herbeizusuchen" oder „herbeizumeditieren", etwa gleich einer Bestellung.
Vielmehr soll dadurch der Geist „entleert" oder geleert" werden, da er nur in diesem Zustand wach genug sei, das sich irgendwann in Gestalt eines „erleuchtenden Erlebnisses" offenbarende Selbst wahrzunehmen.

Diese Ansicht wird auch als Chan-Buddhismus (japanisch Zen-Buddhismus) bezeichnet.

Um die mit dieser Lehre zwangsläufig verbundenen Meditations- und Arbeitspraktiken sowie die daraus resultierenden, körperlichen Anstrengungen, stundenlanges Sitzen oder Stehen, harte körperliche Arbeiten auf dem Feld o. ä.  auszugleichen, schuf Ta-mo Lockerungs- und Gymnastikübungen.

Es mag hier dahingestellt bleiben, ob diese Praktiken von Anfang an kriegerisch oder kämpferisch ausgelegt waren oder erst später derartig umgeformt wurden.

In der Folgezeit wurden diese Bewegungsformen durch weitere Übungen bzw. Kombinationen von Grundübungen mit und ohne Waffen sowie Formen, die über die Imitation von Tieren ursprünglich u. a. die Beweglichkeit fördern sollten, erweitert und so schließlich zur Grundlage des im Wesentlichen die Wurzel der chinesischen Kampfkünste bildenden Shaolin Kung- fu (oder auch Shaolin Quan -fa).

Bald darauf verbreiteten sich aufgrund des buddhistischen Wanderpredigertums mit den Schülern des Chan-Buddhismus auch die diesem entsprungenen Bewegungsformen - und zwar im Wesentlichen vom Shaolin-Kloster als deren Ursprung aus in alle Himmelsrichtungen.

Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass die buddhistische Lehre ebenso wie hinsichtlich ihrer Inhalte, Praktizierung etc. auch bezüglich dieser aus ihr entsprungenen Bewegungsformen den Schülern zwar zunächst eine solide Basis zu vermitteln suchte, hinsichtlich des individuellen Aufbaues oder derer Weiterentwicklung jedoch keine starren Dogmen wie etwa das eines lebenslang notwendigen, starren Befolgens des einst von einem Mentor vorgegebenen Weges oder einst vorgegebener Übungssequenzen pflegte, vielmehr das Finden des eigenen Weges/der eigenen Bewegungsform fördern wollte und will, entstanden seit dieser Zeit und entstehen auch heute noch unzählige Stile bzw. Kampfsysteme

Ein starr eifersüchtiges Beharren auf einem Universalitätsanspruch des eigenen Stiles und ein Zwang zur Befolgung dessen, etwa im Hinblick auf eigene Schüler  wie er nichtsdestotrotz damals wie auch heute, in den chinesischen, wie japanischen Kampfkünsten leider oft zu beobachten ist  war und ist demnach den Kampfkünsten eigentlich fremd.

Dieses Phänomen ist somit ein den Bewegungsformen und Kampfkünsten immanenter Teil des Suchens und Findens oder Versuchens eines solchen bezüglich des eigenen Weges und somit auch des eigenen Geistes, ist der Weg (chin. „dao" / jap. „Do") selbst.

Daher erschiene und erscheint es einem chinesischen Schüler der Kampfkünste auch als überflüssig, dieses etwa noch  etwa durch Hinzufügung entsprechender Silben wie „dao" (etwa zu „Shaolin quan-fa dao")  betonen zu müssen, wie dieses später bei den japanischen Kampfkünsten  vergleiche etwa den oft strapazierten Ausdruck „Karate  Do" - unter anderem deshalb erfolgte, um sich auf im Zuge dessen Entwicklung teilweise untergegangene Aspekte und Wurzeln zurückbesinnen zu versuchen - Was jedoch gerade in den Fällen, in denen eine derartige „Überbetonung" erfolgte, oft am wenigsten gelang.

III. Die chinesischen Kampfkünste im Besonderen: Kung-fu, Quan - fa und Wushu; Nord und Süd; Hart und Weich; Innen und Außen"

1. Kung-fu, Quan - fa und Wushu

Die chinesischen Kampfkünste werden oft zusammenfassend mit „Wushu" oder mit „Kung-fu" bzw. „Quan - fa" bezeichnet.

Beides trifft den Kern der Sache teilweise.

Wushu ist ein (relativ junger) Oberbegriff für die traditionelle und moderne chinesische Kampfkunst:
Er umfasst eigentlich alle Kampfbewegungen mit und ohne Waffen.

Die ältere Bezeichnung ist „Gong-fu"/"Kung  fu" oder „Quan-fa", welches sich allerdings nur recht frei, nämlich dahingehend übersetzen lässt, als dass es eine, durch harte Arbeit/stetige Anstrengung erreichte Verfassung bezeichnet.

Insofern macht die Bezeichnung immer nur in Bezug zu etwas anderem Sinn:
Man kann sich also strenggenommen in einem durch stetige Anstrengung/harte Arbeit erreichten Zustand (dieser oder jener Qualität oder etwa Meisterschaft) auf den Gebieten der Kampfkünste ebenso befinden, wie in einem solchen hinsichtlich des Schachspielens, Kochens, Gärtnerns; des Schreiben; der Kalligraphie oder des Teekochens.

Ungeachtet der Bezeichnung als „Gong-fu"/"Kung  fu" oder „Quan-fa" oder Wushu lassen sich hinsichtlich der Bestandteile oder Übungsinhalte der im hiesigen Zusammenhang interessierenden Kampfkünste/-bewegungen der einzelnen, sich wie vorerwähnt im Verlauf der Zeit aus den Bewegungsübungen des Ta-mo entwickelt habenden Stile oder Schulen einige Gemeinsamkeiten feststellen.

So beinhalten  mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung - fast alle dieser Stile folgende Elemente:

Taolu:
Dabei handelt es sich um eine reine Demonstrationsformen / Ablaufformen einer festgelegten Reihung von Techniken, wobei deren Zusammenstellung teilweise auch derart gewählt ist, dass eine bestimmte Art und Weise der Bewegung oder des Kampfes, also gleichsam ein bestimmtes „Princip" oder „Dogma" wiedergegeben werden soll  beispielsweise den Gegner etwa nur durch kräftige, niederschlagende Techniken zu besiegen oder eins solches ausschließlich durch Umlaufen/Ausweichen und Werfen zu realisieren zu suchen. Entfernt könnte man diese Formen daher mit den Kata der okinawanischen oder japanischen Kampfkunstsysteme vergleichen:

In diese Klasse gehören daher auch Formen wie „Trunkener Mönch",oder die sogenannten Tierformen:
Sie dienen vordringlich der Bewegungsschulung, angelehnt an einen Betrunkenen oder ein Tier und daraus bzw. an deren Eigenschaften abgeleitet das Praktizieren eines bestimmten Bewegungs- oder Kampfprincips.

Klassische Tierformen sind etwa Adler, Tiger, Leopard, Schlange, Drache, Affe, Trunkener Affe, Kranich oder Gottesanbeterin. Einige dieser Formen werden auch mit Waffen geübt, etwa die Affenform (sog. "Affenstock").

Nicht jeder Stil beinhaltet Trunkenheits- oder Tierformen; manche dieser Formen haben sich aber auch gleichermaßen verselbständigt und sind zu eigenen Systemen mit Grundformen, Kampfanwendungen, Waffenformen etc. geworden, wie etwa diverse Affen, Tiger- oder Gottesanbeterinnenstile (Tanglang quan) oder etwa das Drunken Boxing.

Gedou:
Darunter versteht auf den Kampf bezogene Anwendungsformen von Grundtechniken bzw. in Ablaufformen zusammengefasste Techniken, entfernt vergleichbar dem japanischen Bunkai.

"Qi Xie":
Dieses meint Trainingsformen mit Waffen. Hierbei unterteilt man wiederum in reine Demonstrations- und Ablaufformen bzw. Kampfanwendungen.

Klassische, fast in jedem Stil vorkommende Waffen sind etwa:
Langstock; Kurzstock; Dreistock; Säbel; Lanze; Hellebarde; Speer; Hakenschwert; z. T. Schwert und auch Trunkenheitsformen von Waffen wie etwa der "Trunkene Stock".

Daneben gibt es aber auch stilspezifische Waffen oder Formen, die andernorts nicht vorkommen, so etwa die "Neunteilige Kettenpeitsche" , der Meteor-Hammer des Shaolin Quan-fa oder die Mandarin  (Doppel-) - Entenhaken der Baqua Zhang.

Duilian:
Dabei handelt es sich um eine Art einstudiertes Kampftraining mit einem oder mehreren Partnern, mit und ohne Waffen.

Fangshengshu:
Selbstverteidigungstraining.

Sanda:
Ein (zum Teil sportlich  wettkämpferisch ausgestalteter oder ausgestaltbarer) Freikampf, ähnlich etwa einem Freikampf-/Jiyu-Kumite-Wettkampf im Sinne der japanischen Kampfkünste.

2. Nord und Süd

Weiterhin existiert innerhalb der chinesischen Kampfkünste die Unterscheidung zwischen nördlichen und südlichen Stilen; die oft auch als „Nord-„ oder „Südfaust" bezeichnet werden.

Diese Differenzierung soll sich geographisch am Yangtse festmachen: Alles nördlich dessen, wird zur Nordfaust gezählt, alles andere der Südfaust zugerechnet.

Jene Unterscheidung soll hier nur insofern von Bedeutung sein, als dass die wohl überwiegende Masse der nördlichen Stile beispielsweise lange und weite Stellungen nebst hohen Fußtritten und weit ausholenden Armbewegungen umfasst; die der südlichen Stile dagegen eher von kurzen, hohen Stellungen, weittestgehendem Verzicht auf (hohe) Fußtritte sowie kurz ausholende Armbewegungen gekennzeichnet ist. Ausnahmen bestätigen aber auch hier - wie überall - die Regel.

Somit wird auch erklärlich, warum die sich von Einflüssen aus dem unmittelbar benachbarten Südchina gespeisten bzw. sich aus diesen entwickelnden Kampfkünste Okinawas durch hohe Stellungen, kurze Arm- und relativ niedrige Fußtechniken auszeichneten.

3. Innen und Außen sowie Hart und Weich

Die im Vergleich zu der vorgenannten Separierung weitaus bedeutendere Unterscheidung ist die der verschiedenen Stile in Angehörige der „äußeren" (chinesisch: weijia) und „inneren Schule" (chinesisch: neijia).

Zuweilen wird insoweit auch von „äußerem" oder „innerem Wushu" gesprochen; öfter redet man in diesem Zusammenhang aber auch von einer Unterscheidung in „harte" und „weiche" Schulen, die mit dem Aspekt „außen" bzw. „innen" gleichgesetzt werden.

a.)
Bei dem Versuch einer Charakterisierung dieser unterschiedlichen Richtungen wird meist immer angeführt, dass die äußeren Schulen eher auf den Einsatz von Körper- und Muskelkraft, Schnelligkeit und Bewegung, ja zum Teil auch von Gewalt und Wucht setzen, um einen Gegner zu bezwingen; die inneren Schulen dagegen mehr Wert auf eine geistige Entwicklung und das Nachgeben legen oder mit geistiger Kraft (qui/chi) arbeiten" würden.

Überspitzt gesagt könnte man angesichts solcher Darstellungen den Eindruck gewinnen, dass auf der einen Seite nur hirnlose, muskelprotzende Schläger, auf der anderen versponnene, körperlich klapprige Esotheriker säßen.

Jenes trifft jedoch den Kern der Sache ebenso wenig vollständig wie die erwähnte Gleichsetzung von „hart" und „weich" mit „außen" bzw. „innen". Vielmehr werden damit nur äußere Erscheinungsbilder oder Folgen der eigentlichen Ursache bzw. des eigentlichen Unterschiedes beschrieben.

Mithin wird  übertrieben gesagt - versucht, das „Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen" oder die Erklärung über das Nichtreifen von Birnen in der Beschreibung des Geschmacks von reifen Äpfeln zu finden versucht.

b.)
Man wird sich zum Verständnis vielmehr vor Augen zu führen haben, dass der eigentliche Grund für die Unterscheidung von innerer und äußerer Schule in deren ebenfalls unterschiedlicher, geistiger Grundlage zu suchen ist:

aa.)
Die äußeren Schulen beruhen weitestgehend auf buddhistischer Weltanschauung; hier meist in deren Spielart des schon erwähnten Chan  (Zen-) Buddhismus.

Grob gesagt lehrt diese mit den sogenannten „Vier edlen Wahrheiten" folgende Erkenntnisse:

1. Alles Leben ist Leiden.
2. Alles Leiden wird hervorgerufen durch Begierden.
3. Durch die Überwindung der Begierden wird auch das Leiden überwunden.
4. Der Weg zur Überwindung der Begierden führt über den / ist der „Achtfache Pfad".

Der Achtfache Pfad ist somit  vereinfacht gesagt eine Art Wegweiser oder Anleitung, wie man erfolgreich die Begierden und somit das Leiden überwinden und infolge dessen zum Glück, der Erlösung und vollständiger Erfüllung / Harmonie gelangen kann.

Der Achtfache Pfad verlangt:

1. Rechtes Erkennen.
2. Rechtes Denken.
3. Rechtes Reden.
4. Rechtes Handeln/Verhalten.
5. Rechte Unterhaltung des Lebens.
6. Rechtes Bemühen.
7. Rechte Achtung (gegenüber anderen und auch sich selbst).
8. Rechtes Meditieren/Konzentrieren.

Angesichts dieser Lehren fällt die Ähnlichkeit der Dojokun zu diesen auf bzw. wird ersichtlich, dass sie letztlich auf dem Achtfachen Pfad beruht.

Das Resultat ständigen Bemühens zur Befolgung des achtfachen Pfades bzw. der diesbezüglichen Lehre; das ständige Überwindenwollen eigener oder fremder, im Hinblick auf diese Lehre verbesserungswürdiger oder unzureichender Zustände durch Meditation; geistige und körperliche Übungen brachten  wie bereits eingangs gezeigt wurde die Meditations- und Gesundheitshilfsübungen hervor, die schließlich zur Grundlage des Quan-fa wurden, welches sich  erst auch und später hauptsächlich  zu Verteidigungszwecken verwenden ließ.

So war es dann nur eine Frage der Zeit, bis schließlich ein Bemühen um eine  möglichst korrekte  Ausführung der Übungen oder des Quan-fa selbst zu einem Bestandteil oder mit als eines der Mittel angesehen wurde, mittels derer der achtfache Pfad erfolgreich (mit) gemeistert oder verfolgt werden konnte.

Insofern liegt demnach die Logik nicht fern, dass umso größer die Anstrengung, je schwieriger die auferlegte Bewegungs-/Quan-fa-Leistung/-Übung war, umso geeigneter deren Meisterung im Hinblick auf die Befolgung des achtfachen Pfades sein musste.

Eine Anspornung zu körperlichen (und damit zusammenhängender geistiger (motivatorischer bzw. etwa Schmerzen ausschaltender) Höchstleistungen ergab sich insoweit fast von selbst.

Daher wurde und wird auch das Legen von Schwerpunkten auf Einsatz von Muskelkraft, Schnelligkeit, kraftbetonter Gewandtheit; Dehnungsfähigkeit, hohe Tritte und Sprünge nachvollziehbar, um ein an der Überwindung dahingehend bestehender, körperlicher Hindernisse oder Bequemlichkeiten orientiertes Bemühen zu verdeutlichen.

Vor diesem Hintergrund ist dann auch die Bezeichnung als äußere oder „harte" Schule verständlich, da hier meist mittels äußerer, sprich körperlicher Anstrengung und Kraft Hindernisse ausgeräumt oder überwunden werden sollen.

Da jedoch, die physische Seite ungeachtet, auch geistige Bequemlichkeiten wie etwa Trägheit; Faulheit; Angst vor Anstrengungen und damit eventuell verbundenen Schmerzen selbst oder Demotivation zu überwinden waren und  motorisch  bei nicht möglicher Überwindbarkeit von körperlichen Hindernissen diese durch andere Bewegungen zu umgehen gesucht wurden  etwa durch Ausweichen oder Umlaufen  ist hier auch ersichtlich, dass insoweit  erinnert sei an das Wu-Wie- oder Ying-Yang-Princip - auch „innere" oder „weiche" Elemente in das System der äußeren Schule mit einflossen.

Bekannteste Vertreter der äußeren Schule sind etwa das Shaolin-Quanfa (als eigentlicher Ursprung der chinesischen Kampfkünste - Shaolin- Quan fa) oder das Hun-gar Quanfa.

Auch die Masse der hier interessierenden, okinawanischen sowie japanischen Kampfkünste gehört aufgrund ihrer ursprünglich Chan- oder Zen-buddhistischen Mitverwurzelung  auch nach Durchsetzung mit shintoistischen oder schamanistischen Aspekten - zur äußeren Schule - auch wenn einigen dieser Systeme  wie etwa dem Gojo-Ryu  ein Mehr an „runden" oder „fließenden" Bewegungen, denn in anderen okinawanischen oder japanischen Schulen zugesprochen wird, da das Grundsystem das Gleiche, nämlich ein äußeres bleibt.

bb.)
Die inneren Schulen beruhen weitestgehend auf daoistischen Ansichten:

Danach erlangt höchstes Glück und Erlösung, wer in weitestgehender Übereinstimmung mit den natürlichen Gegebenheiten oder etwa den durch andere vorgegebenen Strukturen (rechtlicher, staatlicher, moralischer oder sonstiger Natur) lebt und so (bzw. trotzdem) seinen eigenen Weg (dao) geht.

Dabei meint Übereinstimmung nicht, eine Verleugnung oder bedingungslose Unterwerfung des Selbst, sondern lediglich eine Anpassung, die gerade dadurch eine möglichst vollständige Bewahrung des „eigenen Ich" sowie der eigenen Weiterentwicklung bewirkt.

Insofern wird etwa immer das Beispiel des Wassers bemüht, dass sich seinen eigenen Weg, zu seinem „Vorteil" sucht und sich dabei ihm entgegenstellenden Hindernissen anpasst oder etwa durch seine Kraft und Anpassung selbst überwindet bzw. freien Lauf nutzt, wenn ein freier Weg vorliegt.

Diese Ansichten oder Lehren beruhen zu großen Teilen auf den Werken des Lao-tse („Tao  the king") und dessen mutmaßlicher Basis, dem „I Ging", dem „Buch der Wandlungen".

Insbesondere Letzteres lehrt, dass alle Dinge ständiger Veränderung unterliegen, ständig im Flusse, in Kreisläufen sind  und somit eine ständige Anpassung notwendig ist.

Daher praktizieren die Anhänger dieser Richtung sowohl unter dem Aspekt des Strebens nach Erlangung von Vollendung, Glück und Harmonie physische wie psychische Formen des Bemühens oder der Bewegung, die durch ständige, sich an die sich fließend verändernden Umstände anpassende oder anpassbare Formen gekennzeichnet sind.

Dass auch hier, wie bei den äußeren Schulen die Bewegungsformen Teil der Übungen des (religiös/weltanschaulichen) Bemühens sind, beruht aus Entlehnung derselben aus denen der „äußeren Schule"; das „äußere Quan-fa" ist also älter als das Innere.

Es überwiegen daher bei den körperlichen Übungen kreisende, spiralförmige, drehende Bewegungen, die nach allen Richtungen flexibel einsetzbar sind und meist eher durch die äußeren, sich ändernden Umstände, als aus sich selbst heraus angetrieben werden.

So kommt es schließlich auch, dass viele derselben fast energielos und langsam sind bzw. sich unter Zweikampfaspekten die Energie zu ihrer Bewegung „vom Gegner holen", sie gleichsam durch Drehungen, Wendungen u. a. Verformungen „absaugen", so Bewegungslosigkeit einkehren lassen oder die Energie  mit mehr oder weniger Zufügung eigener solcher  wieder gegen den Gegner zurück- oder umlenken.

Daher kommt schließlich auch die Bezeichnung als „innere" oder „weiche Schule".

In diesem Zusammenhang ist aber auch zu erwähnen, dass  genau wie die „äußere" oder „harte Schule" weiche Elemente enthält  auch die weiche oder innere mit „harten" Elementen arbeitet oder dieses zum Teil unumgänglich ist:

Denn letztlich ist es gleichgültig, ob ein Schlag, Stoß oder Tritt das Ergebnis einer eigenen, muskulär bedingten oder weitestgehend fremden Energientfaltung ist; ob ein Gegner durch direktes Erschlagen oder durch ein solches durch Umgehen (und eine nachfolgende Attacke) „zur Strecke gebracht" wird - die Wirkung stellt sich für diesen immer als „unangenehm hart" dar, gleichgültig auch, ob nun aufgrund äußerlich sichtbarer oder sich innerlich entfaltender Zerstörungswirkung.
Hier sei insbesondere darauf hingewiesen, dass gerade einige Stile der inneren Schule für ihre zum Teil explosionsartige oder gar wüste Energieentfaltung nahezu berüchtigt sind und noch niemals ein Óweicher Angriff" gesehen worden ist.

Quelle der weichen oder inneren Schule sind der Überlieferung nach die daoistischen Klöster der Wudang-Gebirgszüge.

Bekannteste Stile der inneren Schule sind etwa das Taji chuan; Xijin-I (Hsing-I) ; Bagua Zhang oder auch Yong chung quan / Wing Tsung / Wing Chun in seinen diversen Erscheinungsformen.

Neben den voraufgezeigten Unterschieden zwischen äußerer und innerer Schule ist zu bemerken, dass anerkanntermaßen  obgleich dieses wegen fehlender spektakulärer, körperlicher Aktionen zunächst meist nicht gedacht wird  das Beherrschen eines Stiles der inneren Schule - unabhängig davon, ob man deren geistigen Hintergrund teilt - schwieriger als das eines der äußeren Schule ist.

Denn es bedarf unter anderem eines vielfachen Mehr an Übung, um allein die physischen/physikalischen Schwierigkeiten zu bewältigen, die etwa entstehen, wenn beispielsweise auf schnelle, harte Angriffe körperlich überlegener Gegner nur durch Nachgeben reagiert und daraus eine Gegenaktion abgeleitet werden soll.

Daher praktizieren zum einen mehr Kampfkünstler im eigentlichen Sinne äußere Stile, auch wenn sie betonen, auch Ausweichbewegungen o. ä. durchzuführen.

Zum anderen ist es oft auch an dem, dass nur wenige Praktizierende der inneren Schulen realitätsnahes Kämpfen selbst praktizieren (können).

Vermieden werden sollte aber der Versuch einer Bewertung äußerer und innerer Schulen dahingehend, welche denn nun, die „bessere" oder gar „überlegenere" von beiden sei.

Denn aus dem Vorangesagten ergibt sich, dass es sich hier um zwei unterschiedliche Dinge oder Systeme handelt, die gleichzusetzen oder zu vergleichen zu suchen genauso lebensfern wäre, wie etwa Kürbis mit Porree zu vergleichen:

Beides lässt sich zwar als Gemüse qualifizieren, das gekocht und zur Bekämpfung des Hungers gegessen werden kann, hat aber sonst nicht viel miteinander gemein bzw. ein Kürbis ist ebenso wenig ein schlechter Porree wie ein schlechter Porree einen guten Kürbis abgibt.

b.)
Das Herstellen einer Beziehung zwischen Nord- und Südfauststilen sowie äußerer und innerer Schule dahingehend, dass etwa die Anhänger der Nord- oder Südfaust-Stile zwingend der äußeren oder inneren Schule angehören bzw. zwingend dessen geistige oder meditative Hintergründe teilen würden, ist nicht möglich:

So gehört beispielsweise das Shaolin als einem Nordfaustsystem der äußeren Schule an; jedoch hat es ebenso einen meditativen Hintergrund, wie einige, der inneren Schule angehörige Südfaust-Stile, wie etwa Yong Chun chuan oder Hsin-I auf meditativ-geistige Aspekte vollkommen verzichten oder meinen verzichten zu können. Auch liegt die Region um das Wudang-Massiv eigentlich im Bereich der „Nordfaust", hat aber dennoch die innere Schule hervorgebracht, deren Stile sich von den klassischen Nordfauststilen - wie gezeigt - erheblich unterscheiden.

GRUSSWORT

Alexander Löwe - Präsident KVSA e.V.

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Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und freue mich, wenn Sie viele Anregungen finden – für einen Sport, der Sie begeistert.

Ihr Alexander Löwe

 

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Karate eignet sich ausgezeichnet als Gesundheitssport, So tragen zahlreiche Vereine des Landesverbandes das Qualitätssiegel SPORT PRO GESUNDHEIT, die höchste Auszeichnung für Vereine im DOSB in Sachen Gesundheitssport überhaupt. Das bundesweit anerkannte Qualitätssiegel basiert auf Qualitätskriterien der Bundesärztekammer und des Deutschen Olympischen Sportbundes. Auch die zugeordneten Angebote der Konzeption „Budomotion" sind Bestandteil mit hochwertigen Bewegungsangeboten. 

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INTEGRATION UND INKLUSION

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